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Nacht. Die Art, wie sie nun über die Bärenanlage wachte, ließ ahnen,
wie es in ihr aussah. Sie patrouillierte vor dem Gitter auf und ab.
Unter ihrem strengen Blick wagte niemand, die drei weiß markierten
Stufen zum Gitter hinabzugehen oder das Gitter zu berühren. An ein
Hochklettern war nicht zu denken. Auch wenn sie das Futter für den
Grizzly oben von der Bruchsteinmauer warf, hatte sie alles unter
Kontrolle.
Muschalik hatte das Gefühl, an dem hohen Zaun, den sie um sich
errichtet hatte, nicht länger vorübergehen zu können, ohne zu wissen,
was dahinter lag. Ihre Zurückgezogenheit war plötzlich voller Geheim-
nisse, ihre Einsilbigkeit schien etwas zu verbergen und ihre
Menschenscheu eine Flucht zu sein.
Aber das war es nicht allein.
Sie war eine ungewöhnliche Frau.
* * *
Nach dem Essen traf Muschalik Professor Nogge, der die Renovier-
ungsarbeiten an seinem Haus inspizierte.
»Es wird noch dauern, ehe ich wieder einziehen kann«, sagte er und
steckte die Hände in die Hosentaschen. Skeptisch begutachtete er den
Einbau der neuen Fenster.
»Ja, die Handwerker«, meinte Muschalik.
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»Es war das Wetter«, berichtigte Professor Nogge, »das ihnen im-
mer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.«
»Wo wohnen Sie denn zur Zeit? Halten Sie es dort noch länger
aus?«
»Ja, das muss ich wohl. Ich wohne in der Nähe von St. Kunibert. Ich
werde jetzt von Glockenläuten geweckt, statt von Entengeschnatter.«
»War der Umbau schon lange geplant?«
»Ja, natürlich, es ist nicht leicht, Handwerker zu bekommen.
Warum?«
»Wussten Ihre Mitarbeiter davon?«
»Sicher. Warum?«
»Ach, auch als ehemaliger Kommissar stellt man immer Fragen,
sich selbst und anderen. Sind Sie mit Ihrem neuen Praktikanten
zufrieden?«
Der Zoodirektor lachte und sagte: »Schon wieder eine Frage. Ja, ich
bin zufrieden. Zumindest fachlich gesehen. Obwohl sein Schwerpunkt
eigentlich die Raubtiere sind, kennt er sich nicht nur in den Familien
ursidae und felidae blendend aus, sondern er ist auch auf allen ander-
en Gebieten der Zoologie bewandert. Schleichkatzen, Mähnenwölfe,
Vikunjas, Kasuare und Bantengs, was immer Sie wollen, sein Wissen
ist erstaunlich. Er hat Vorlesungen angesehener Professoren an der
University of Kansas, dem National Zoological Park of Virginia und
der Zoological Society of London gehört. Sein Vater hat ihm kost-
spielige Studienreisen in die Abruzzen, die Karpaten und in die
Pyrenäen spendiert, wo die letzten isolierten Bärenpopulationen
leben. Er hat auch Nordamerika, Afrika und Asien bereist«, erklärte
Professor Nogge nicht ohne Stolz, »er ist ein Einser-Kandidat.«
»Das mag sein.«
»Er ist außerdem der Sohn eines renommierten Studienkollegen.«
»Aha, daher weht der Wind.«
Der Zoodirektor sah ihn erstaunt an, zog eine Augenbraue fragend
in die Höhe und sagte dann: »Sein Vater ist ein netter Kerl.«
»Der Sohn nicht unbedingt.«
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»Ich drücke bei seinem Sohn ein Auge zu.«
»Das ist sehr großzügig von Ihnen.«
»Er hat das Zeug zu einem hervorragenden Zoologen. Ich investiere
also in die Zukunft. Und, unter uns, Herr Kommissar, ich denke mir
ab und zu ein paar möglichst unappetitliche Arbeiten für ihn aus. Viel-
leicht bringt ihn das auf den Boden der Tatsachen. Ich wusste nicht,
was ich mir mit ihm einhandele. Aber er wird schon merken, dass er
lange und völlig umsonst auf einen Bonus als Sohn eines berühmten
Zoologen warten muss.«
»Dann haben Sie ihn also im Griff?«
»Aber sicher.«
»Wie lange geben Sie ihm? Vierzehn Tage?«
»Nein. Eine Woche. Wir brauchen hier keine Leute, die Reden
schwingen, sondern Leute, die anpacken. Wenn er sich nicht integrier-
en kann, muss er sich woanders umschauen.«
Muschalik war beruhigt, in einer Woche würde es den Fall Jart-
mann nicht mehr geben – so oder so, und er verabschiedete sich.
6. Kapitel
Vor Muschalik lag ein Wochenende ohne Zoo und ohne Zwillinge. Als
Pensionär konnte er es sich leisten, den Besucherströmen und Veran-
staltungen an den Samstagen und Sonntagen aus dem Weg zu gehen,
wenn jede Bank besetzt und jedes Gehege umlagert war. Und die
Zwillinge sollten das Wochenende bei Rosa in Wiesbaden verbringen.
Den Samstagmorgen widmete er zunächst der gründlichen
Hausarbeit, womit er den ganzen Tag über genügend Beschäftigung
hatte. Aber schon nach dem Frühstück am Sonntagmorgen wusste er
nichts Rechtes mehr mit sich anzufangen. Bereits um zehn Uhr fand er
sich in seinem guten Anzug an der Bärenanlage ein. Und Nelly war da.
Sie stand oben auf der Bruchsteinmauer und warf dem Grizzly Äpfel
zu.
Nach ein paar Minuten kam sie zu ihm, wirkte zwar beunruhigt, [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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