[ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]»Ich sehe ihn. Er hat sich bewegt.« Polly stand neben ihnen
am Fenster. »Er steht an dem großen Baum, genau da, wo die
Auffahrt einen Bogen macht.«
»Er will Sie, Colin«, sagte Prosser. »Wie es scheint, ist er
allein.«
»Was, zum Teufel « Chandler spürte wieder den Kloß im
Magen. O Gott, er hatte vergessen, dass der Albtraum noch nicht
vorbei war. Pollys Hand lag auf seiner Schulter.
»Sie müssen trotzdem weg. Auch ohne Auto.« Chandler hörte
den Mann gespenstisch und trocken auflachen. »Kriegen Sie das
hin, Colin?«
»Ich kümmere mich um ihn, keine Sorge. Wir kommen
bestimmt nach Bar Harbor«, war Polly zu hören.
Plötzlich trat eine untersetzte Gestalt aus der Deckung des
Baumes und blieb gleich wieder stehen. Die Fensterscheibe
zersplitterte, und Chandler hörte das Projektil hinter sich in die
Bücherreihe einschlagen.
»Das reicht«, meinte Prosser. »Er richtet sein Augenmerk auf
die Frontseite des Hauses. Solche Probleme hat man, wenn man
allein arbeitet. Man kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein
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& Jetzt ab mit Ihnen. Gehen Sie am Waldrand hinter der Garage
in Deckung. Dann sind Sie auf sich gestellt & Sie haben die
Karte.«
Prosser schob sie in die Diele.
»Und Sie?«
»Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Colin. Wie s
aussieht, kann ich nicht durchs Gelände flüchten. Ich nehm s auf
mit dem dämlichen Schwein. Autos in die Luft jagen! Dem
werde ich s zeigen. Und jetzt schnell ab mit Ihnen & Schlagen
Sie sich zu Kendrick durch. Ich weiß, wie ich Sie erreichen
kann. Keine Bange, es kommen auch wieder bessere Zeiten!«
Prosser tätschelte Polly die Wange und gab Chandler die
Hand.
»Denken Sie dran: Was uns nicht umbringt, macht uns
stärker.«
Dann drehte er sich um und ging.
In der stockfinsteren rückwärtigen Diele fragte Polly
Chandler: »Hast du Angst?«
»Ach wo. Mir geht s blendend abgesehen davon, dass mir
speiübel ist und dass ich gern in Ohnmacht fallen würde.«
»Hast du die Tasche?«
»Klar. Und die Regenmäntel und das ganze Zeug. Das
Päckchen im Öltuch. Ziemlich schwer, das alles.«
»Wenn ich die Tür aufmache«, sagte sie, »lass mich zuerst
raus. Ich gebe dir ein Zeichen, wenn die Luft rein ist. Wir
müssen zum Waldrand kommen, mehr nicht.«
»Das habe selbst ich kapiert.«
»Einfach den Anweisungen folgen«, sagte sie und klopfte ihm
beruhigend auf die Schulter, »dann läuft die Sache.«
Schon war sie aus der Tür. Er wartete, während sie langsam
über den Rasen lief. Sie blieb an dem Schuppen stehen, vor dem
er den Schlüssel gefunden hatte. Er gähnte. Sein Kiefer knackte,
wie immer. Die Segeltuchtasche wurde ihm bereits schwer. Was
hatte er hier zu suchen? Wie kam es, dass Hugh jemanden
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getötet hatte? Er schloss die Augen. Alles war ein furchtbarer,
idiotischer Fehler, ein fataler Fall von Verwechslung. Als er die
Augen wieder aufmachte, sah er Polly winken und verließ das
Haus. Was hätte er sonst auch tun sollen?
Prosser wartete im Dunkeln, wobei er mit wachsender Bosheit
verschiedene Möglichkeiten durchspielte und darauf vertraute
dass ihn sein schwaches Herz nicht im Stich ließ. Thorny hatte
sich nicht mehr blicken lassen, doch Prosser wusste, dass er
noch in der Nähe des Baumes stand, weil er nicht gewagt hatte,
um das Haus herumzulaufen. Er mochte zwar glauben, Chandler
in dem riesigen Haus allein vorzufinden, vielleicht noch in
Begleitung einer Frau, doch Thorny war kein Idiot; er wusste,
wozu Chandler und Brennan fähig waren. Prosser konnte
beinahe spüren, wie Thorny die Furcht übermannte. Aus Frust
und Ärger hatte er sich den Luxus geleistet, ein Zeichen zu
setzen und das Auto in Brand gesetzt. Alles gut und schön. Doch
jetzt dachte er: Chandler weiß, dass ich ihm auf den Fersen bin,
er ist gewarnt &
Prosser benutzte seine breite, geübte Fingerkuppe, um im
Finstern seine Pfeife zu stopfen. Die Streichholzflamme verbarg
er hinter der hohlen Hand. Er musste den da draußen in der
kalten Nacht ein bisschen weich kochen, seine Angst wachsen
lassen, während seine Sachen vom Schweiß klamm wurden.
Chandler und Polly waren wohl inzwischen in Deckung. Um die
beiden brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Sie war ein
kluges Mädchen; gemeinsam würden sie es schaffen. Jedenfalls
hatten sie keine schlechten Karten falls Petrow nicht noch
beschließen sollte, ihnen auf den Pelz zu rücken.
Was mochte in dem Russen vorgehen? Prosser versuchte,
seine eigene Schläue auf Petrow zu übertragen, sich in die
Gedankengänge des anderen hineinzuversetzen. Es fiel ihm
schwer. Obwohl er den Russen als Verbündeten und auch als
Gegnern Dienste geleistet hatte, konnte er sich nie damit
brüsten, sie zu durchschauen. Für ihn waren sie immer eine
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orientalisch-europäische Mischung gewesen, vage und
unberechenbar. Wie oft hatten sie das Wichtige zu Gunsten des
Trivialen vernachlässigt! Wenn man aber daraufzählte, war es
genau umgekehrt. Petrow war ihm daher ein Rätsel wie alle
anderen auch. Seine amerikanischen Bosse dagegen waren ihm
nie hinterhältig oder kompliziert vorgekommen. War vielleicht
alles eine Frage des Nationalcharakters? Oder lag es daran, dass
er selbst Amerikaner war?
Prosser lauschte dem Knistern und Knacken des brennenden
Wagens. Beim Rauchen analysierte er seine Lage. Wie war es
dazu gekommen? Wieso saß er in einer Einöde im Dunkeln,
zählte die Stunden und ließ sich von dem ganzen Zirkus beirren?
Welcher Charakterzug hatte ihn zu seinem persönlichen
Golgatha geführt? Weshalb hatte er beiden Lagern gleichzeitig
gedient? Wieso gerade er, nicht jemand anders, der die gleiche
Gelegenheit gehabt hätte? War er einfach zu habgierig? Er
lächelte im Dunkeln und wünschte, es wäre alles so einfach &
Oder ging es darum, andere zu manipulieren? Oder um den Reiz
des Spiels, den Drang, zu gewinnen?
Er hatte die Nase voll davon. Vielleicht war das hier der
Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte; so endete es
meistens: ein Auftrag zu viel, und du schaffst es nicht. Es ist, als
würdest du in eine dunkle Höhle gezogen. Das Ende ist so krass,
so idiotisch. Warum war dieser verdammte Petrow scharf auf
dieses Stück Papier? Was wollte er damit? War es wirklich nur
eine Laune von ihm? Bei so vielen Toten? Es steckte kein Sinn
dahinter außer vielleicht für einen Russen.
Was für ein Finale! Was für ein Abgang!
Zum Schluss musste er los, um sich Thornhill zu kaufen.
Er rief ihm aus dem Fenster zu: »Thorny, hören Sie. Hier
spricht Ihr Auftraggeber verstehen Sie, Ihr Auftraggeber!
Chandler ist nicht mehr hier. Ich bin auch zu spät gekommen.
Chandler ist wieder weg!« Nach dieser Erklärung schlug er
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einen gebieterischen Ton an: »Ich zeige mich erst nach Ihnen.
Sie könnten ja durchgedreht haben und hinter mir her sein. Und
jetzt kommen Sie rein, es gibt was zu tun!«
Nach einer Weile bewegte sich die Gestalt aus dem Schutz des
Baumes auf das Haus zu. Als der Mann näher kam, sah Prosser
eine Pistole in seiner schlaffen rechten Hand. Um Gottes willen,
der Kerl bewegte sich wie ein Zombie! Prosser trat an die
Terrassenbrüstung. »Rein jetzt! Was ist los mit Ihnen?«
Nachdem Thorny die Stufen gemeistert hatte und neben ihm
stand, war der Fall klar. »Sie stinken, Sie verdammter Idiot! Her
mit der Pistole, bevor Sie sich wehtun & « Er hielt ihm die
zittrige alte Hand hin. Thorny legte folgsam seine Waffe hinein.
»Sie sind ein Versager bei Gott, ein totaler Versager«,
murmelte Prosser.
Er schob den betrunkenen, stinkenden Thornhill ins Haus,
führte ihn zur Bibliothek und knipste die Tischlampe an.
»Setzen Sie sich.« Thornhill sank auf den Stuhl. Seine Augen
starrten ins Leere, aus der Nase lief Rotz, seine Zunge glitt
unablässig über die Lippen.
»Wasser!«, flüsterte er.
»Halten Sie den Mund«, verlangte Prosser, während er die
armselige Kreatur anstarrte, die mit dem Kopf in den Händen da
saß. »Was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung vorzubringen? Sie
missachten meine Anweisungen, legen auf, während ich mit
Ihnen rede wo bleibt Ihre Disziplin?« Schäumend vor Wut
schlug er seine Pfeife beim Hin- und Herlaufen gegen die
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